Brauchtum
Oberbayern bis Allgäu
Meist nach dem Kaffee – manchmal auch erst nach dem Abendessen – wird die Braut bei einem Tanz von Eingeweihten entführt. Oft ist es die Aufgabe eines Vertrauten oder Freundes. Ehe man es sich versieht, huscht dieser mit der Braut in Richtung Weinstube.
Die Entführung endet meist nur in einer Nebenstube des Wirtshauses oder im Weinkeller bzw. in einem anderen Lokal. Nachdem der Großteil der Hochzeitsgesellschaft bereits in der Stube ist, wird der Bräutigam dann von Freunden oder dem Hochzeitlader verkleidet und muss seine Frau suchen. Hat er diese gefunden, muss er sie in Form von Naturalien vom Entführer auslösen. Er bekommt eine Aufgabe gestellt und je nachdem, ob er sie schafft oder nicht schafft, muss er „zahlen“.
Letztendlich beginnt mit der bayerischen Brautentführung der lustige Teil einer Hochzeit. Es wurde geheiratet, der seriöse Teil der Veranstaltung ist vorüber – es gibt also etwas zu feiern! Und an keinem anderen Ort der Welt wird gefeiert wie in einer bayerischen Weinstube!
Wichtig: Was wäre ein Dirndl ohne Schürzl? Hierbei gibt es jedoch eine wichtige Kleinigkeit zu beachten: die Schleife. Und das sagt sie über die Trägerin aus:
Links gebunden – ledig
Rechts gebunden – verheiratet oder vergeben
Vorne gebunden – Jungfrau
Hinten gebunden – Witwe
Für die Braut gilt also: Schleife bitte rechts binden!
Zu einer typisch bayerischen Hochzeit gehört die Hochzeitssuppe einfach dazu. Vor dem Essen geht das Brautpaar mit den Brauteltern in die Küche, um die Suppe zu probieren. Diese wird dann nachgesalzen und die Köche erhalten ein saftiges Trinkgeld.
Dieser Brauch ist etwas schmerzhaft für den Bräutigam. Er muss auf einem Holzscheit knien und Aufgaben der Braut lösen. Dies kann z.B. das Aufzählen ihrer Spitznamen sein, oder auch Versprechen für die gemeinsame Zukunft.
Der Hochzeitslader hilft genauso wie ein Weddingplanner bei der Planung und Organisation der Hochzeit. Der große Unterschied hierbei ist jedoch dass der Hochzeitslader sich aktiv am Programm beteiligt. Er nimmt z.B. auch die Funktion des Moderators oder Zeremonienmeisters ein. Das Wort „Hochzeitslader“ kommt aus der Zeit als es noch sehr teuer war allen Gästen eine schriftliche Einladung zukommen zu lassen. Hochzeiten wurden früher sehr groß gefeiert, 300 Gäste waren hier keine Seltenheit. Die Gäste haben keine schriftliche Einladung erhalten, sondern der Hochzeitslader ging von Tür zu Tür und lud die Gäste persönlich ein. Meistens wurde ein einstudierter Vers vorgetragen.
Dem Progoder obliegt die protokollarische Regelung des Hochzeitsgeschehens von der Kirche über das von Randbräuchen begleitete Mittagessen bis zu den Tänzen und zur Geschenkübergabe. Dazu sollte er zur Erheiterung des Festgemeinde lockere Sprüche parat haben, etwa von der Sorte: „Das Küssen ist für den Mann ein wahrer Hochgenuss, weil da die Frau den Schnabel halten muss.“ Der moderne Eventkosmos pfeift indessen auf antiquierte Hochzeitsfeiern.
Die ledigen Frauen aus dem Dorf des Brautpaares fertigen in aufwändiger Handarbeit einen Kranz aus Tannenzweigen. Die Männer aus dem Dorf hängen diesen Kranz an die Tür des Brautpaares. Dabei werden Lieder gesungen und danach wird auf Schnaps oder eine Brotzeit eingeladen.
Ein Brauch, der außerhalb von Bayern hauptsächlich Kopfschütteln erntet. Wenn man jedoch nur Gäste aus der Region einlädt, wundert sich niemand. Außerdem sei gesagt, dass zumindest der Brauttisch absolut freigehalten wird. Das Mahlgeld bezieht sich auf Essen (Hochzeitsmenü) und Kaffee/Kuchen.
Der Polterabend ist ein sehr alter Brauch, der vermutlich noch aus vorchristlichen Zeiten stammt. Durch das Zerschlagen von Steingut und Porzellan sollen böse Geister vertrieben werden. Keinesfalls darf Glas zerschlagen werden, da es als Unglückssymbol gilt. Die Scherben müssen vom künftigen Brautpaar gemeinsam zusammengekehrt werden. Traditionell findet der Polterabend am Tag vor der Trauung statt.
Das Brautpaar wird (meist getrennt voneinander) um ca. 5.00 Uhr (!!) wachgeschossen von den Böllerschützen. Danach gibt es ein zünftiges Weißwurstfrühstück mit Brezen und Weißbier für alle Freunde, die daran beteiligt waren.
Kinder des Ortes versperren nach der Trauung die Straßen mit Hilfe einer Schnur und verlangen “Zoll” – also etwas Geld.
Das Brautpaar muss einen Baumstamm zersägen um zu zeigen, dass es “an einem Strang” zieht.
Der findet exakt um Mitternacht statt. Danach ist die Hochzeit je nach Gegend meist aus. Was aber nicht schlimm ist, weil wenn’s am Schönsten ist, soll man eh aufhören!
Dies besteht aus einer unverheirateten Freundin der Braut und einem unverheirateten Freund des Bräutigams. Sie sollen den Trauzeugen (den Nächsten) tatkräftig zur Seite stehen und die eine oder andere Aufgabe übernehmen.